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Herrenlose Hunde auf Facebook: „Suche neues zu Hause. Spendengelder reichen aber auch.“

Ich sitze hier in meinem Büro vor dem Bildschirm und öffne meine Facebook Seite. Nanu, wen haben wir denn da? Auf der Einstiegsseite mit den News schaut mir ein trauriger Labrador entgegen. Aus der Bildunterschrift erfahre ich, dass der Besitzer dieser schokobraunen Augen, die mich müde und resigniert anstarren, Boris heißt.

Verlorener Hund auf Facebook

Für das Werben um Spendengelder werden auf Facebook gerne emotionale Hundebilder verwendet. Das es beim Sammeln um Spendengelder auf Facebook schwarze Schafe gibt ist sicher zweifelsfrei. Der Großteil dürfte aber dennoch seriös sein, die leider unter den Betrügern leiden müssen (Bild © // sxc.hu).

Boris hat in seinem Leben bereits zehnmal sein Zuhause verloren, lese ich. Drei Jahre alt ist er und ein ganz Lieber, verspricht mir der unbekannte Verfasser. Einer meiner Facebook-Freunde hat diesen Link geteilt, sodass ich Anteil an diesem Schicksal nehmen darf. „Bitte teilen!“ ist auch die Aufforderung an mich am Ende des kurzen Textes.

Der Hund sucht dringend ein neues und möglichst endgültiges Zuhause. Mein Cursor schwebt schon über dem Teilen-Button. Der arme Kerl, da muss sich doch was machen lassen?! Ich fühle mich verpflichtet, diesem Hund zu helfen, indem ich seine Situation mit einem einzigen Mausklick in meine Facebook-Welt hinaustrage und meinen, manchmal auch unbekannten Freunden das Schicksal von Boris mitteile.

Wozu sonst wurde diese Bitte an mich herangetragen? Diese Bitte kann ich doch nicht ausschlagen. Wie sieht das denn aus, wenn ich das Schicksal von Boris nicht teile? Das haben in kurzer Zeit doch schon so viele getan. Zahlreiche Besucher haben auch Kommentare hinterlassen. Ich lese Sätze wie: „Armer Kerl, wenn ich nur könnte!“ Oder: „Würde den Süßen sofort nehmen!“ Oder: „Wow, der ist ja wunderschön.“

Allerdings: Weitere nützliche Informationen zu Boris finde ich nicht. Stattdessen hält es fast die Hälfte der Nutzer für wichtig, mir zu posten, dass sie Boris Schicksal „geshared“ haben. Ist das denn wichtig? Immerhin kann doch dank der ausgeklügelten Facebook-Technik jeder genau nachvollziehen, welche Wege das Boris-Foto genommen hat. Und überhaupt, dieses Teilen: Klick: mitteilen…Klick: erteilen…Klick: aufteilen….Klick: ein- und/oder austeilen—-Klick: urteilen?

Nun bin ich doch neugierig geworden. Gezielt gehe ich auf die Suche nach Hundeschicksalen, die über Facebook veröffentlicht werden. Schnell werde ich fündig. Ein kunterbuntes Knäuel Hundewelpen kugelt mir auf meinem Bildschirm entgegen. Gefühlt trennt mich von Ihnen eigentlich nur die Glasscheibe von meinem Bildschirm. Gerne würde ich mehr über diese Hunde erfahren, aber der Begleittext ist in einer mir unbekannten Sprache verfasst.

Hilfe kommt durch den ersten Kommentar, gleich unter den Bildern, der mich aufklärt (in einem gebrochenem Deutsch….), dass sich diese Welpen in einem osteuropäischen Land befinden und mehr schlecht als recht von Tierschützern versorgt werden. Unterstützung wird dringend benötigt.

Achtung: Nicht alle Hilfe- und Spendenaufrufe auf Facebook sind seriös!

Am willkommensten sind natürlich Geldspenden, um das Leben dieser süßen Welpen zu retten, die repräsentativ für viele weitere Hundeschicksale stehen. Ich mache einen Ausflug auf die Infoseite dieses Facebook-Profils, leider ohne Erfolg, da dort nichts an weiterer Information hinterlegt ist. Die wenigen Sätze, die ich hier vorfinde, sind ebenfalls nicht in Deutsch verfasst und einen Verweis auf eine Internet-Seite gibt es auch nicht.

Umso erstaunter bin ich, in den überwiegend deutschen Kommentaren zu lesen, dass zahlreiche Tierfreunde bereits Geld auf den Weg geschickt haben, um für diese Hundebabys und weitere Hunde dieser Tierschutzorganisation zu spenden. Die Kontodaten sind natürlich sehr umfangreich dargestellt – somit ist eine Überweisung recht einfach.

Die Welt von Facebook ist manchmal für mich eine sehr merkwürdige Welt. Und viele der Merkwürdigkeiten umfassen mittlerweile auch den Bereich Tierschutz. Während in der realen Welt Hunderetter und Ihre -vermittler jahrelang um Kompetenz und Seriosität ringen, scheinen diese Kriterien in der Facebook-Welt kaum eine Rolle zu spielen. Dieses Portal ist in der Lage, hunderte und tausende von Menschen in kürzester Zeit auf das Schicksal eines Hundes aufmerksam zu machen und Aktivitäten zu mobilisieren, die sich manch ein Tierschützer der realen Welt erst hart erkämpfen muss.

Ein Bild und ein rührseliger Text genügen oftmals, um Herzen und – für viele dieser Menschen, die den Text und die Bilder veröffentlichen viel wichtiger – unsere Geldbörse zu öffnen. Wenn den zahlreichen Kommentaren Glauben geschenkt werden darf, dann liegen die Vermittlungschancen eines bei Facebook vorgestellten Hundes bei nahezu 100 Prozent, wobei es offensichtlich ziemlich egal ist, welche Neurosen dieser vorgestellte Hund mit sich bringt.

Die Funktion „Veranstaltung erstellen“ wird nicht selten dazu genutzt, einen 24-Stunden-Spendenmarathon für geschundene Hundeseelen in Rumänien auszurufen. Die gepostete Nachricht über Nachbars Henry, der zehn Stunden am Tag alleine zu Hause gelassen wird, erregt die Facebook-Gemüter – auch auf einigen Sammelseiten! – ebenso, wie ein weißes Hundebaby, das in einer spanischen Tötungsstation auf sein Ende oder ein neues Zuhause wartet.

Fluch oder Segen?

Ist das nun ein Segen für den Tierschutz oder ein Fluch? Diese Frage kann sich jeder selbst beantworten, der sich mit diesem Thema auseinandersetzt.

Wer Facebook professionell als Plattform für die Umsetzung seiner tierschutzrechtlichen Ziele nutzen möchte, der sollte sich im Vorfeld darüber bewusst sein, dass eine gut moderierte und informierende Seite mehr Zeit kostet, als einem meist ehrenamtlich agierenden Verein oft zur Verfügung steht. Verbindlichkeit und Nachhaltigkeit sind Kriterien, die wir uns im normalen Leben wünschen und auch erwarten, die wir aber seltsamerweise nicht von der großen Facebook-Gemeinde fordern.

So schnell wir Anteil nehmen an dem Schicksal eines geprügelten Hundes auf den griechischen Straßen, so schnell haben wir diesen Hund auch wieder vergessen. Wer sich auf die Suche nach dem Vierbeiner macht, für den er vor 4 Wochen noch 20 € gespendet hat, wird oft enttäuscht. Ob dieses Tier noch lebt oder gestorben ist, ob dieses Tier nach Deutschland vermittelt wurde, wird leider in den seltensten Fällen berichtet.

Vernunft und Mitgefühl kämpfen bei Facebook nicht selten auf verlorenem Posten gegen Impulsivität und Informationsflut. Leider nehmen sich viele oft keine Zeit, ihre Worte oder Handlungen zu überdenken – gerade, weil oftmals unter irgendwelchen „Nicknames“ geschrieben wird und man sich so völlig anonym fühlen kann.

Facebook ist inzwischen ein Teil unserer Welt, auch meiner. Dennoch bewegen sich einige Menschen in dieser virtuellen Welt, als würden hier andere Kriterien gelten als in der realen Welt. Dem sollte aber nicht so sein. Schon gar nicht, wenn es um Leben geht. Egal, ob auf zwei oder vier Beinen. Ehrliche Informationen, überlegte Kommentare und der respektvolle Umgang mit den Gefühlen anderer Menschen sollten ständige Begleiter auf sämtlichen Reisen durch die virtuelle Welt sein.

Posted in: Allgemein

About the Author:

Detlev Schönfelder ist leidenschaftlicher Hundetrainer und Geschäftsführer der mobilen Hundeschule "Tophundeschule". Außerdem bloggt er zum Thema Hundeerziehung und Hundehaltung, schreibt Fachartikel für Magazine und ist Gast in verschiedenen TV-Sendungen zum Thema "Hundeerziehung". Für Ihre Fragen steht Ihnen Herr Schönfelder jederzeit mit Rat und Tat gerne zur Verfügung: (Tel: 040 - 64 68 98 12 | Mobil: 0172 - 27 16 69 7 | Mail: info(at)tophundeschule.de).

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